Schlapp und unausgeschlafen arbeite ich mich zum
Frühstücksraum vor. Das Frühstück gibt Kraft und Energie und der
Multi-Vitaminsaft tut ein Übriges. Bis ich endlich fertig bin - ich hatte ja
noch auf ein verweilen in Hospital de Orbigo gehofft - ist es auch schon 7:45
Uhr. Nun muß ich Gas geben und das in meinem gesundheitlich angeschlagenen
Zustand. Es ist noch heißer als gestern :-( und ich habe unglücklicherweise
nicht genügend Wasser dabei. So steuere ich die Bar in Santianez an: ein Wasser
direkt in den Hals und die andere Flasche in den Rucksack. Ich verspüre schon
jetzt leichte Kopfschmerzen, was kein gutes Zeichen ist. Die einzigen
Körperteile, welche keine Probleme machen sind Füße und Beine – na wenigstens
etwas. Wieso muß der Camino einem in jedem Jahr etwas Neues bieten? Wenn die
Hitze & die Erkältung nicht wären, könnte ich locker flockig diese Etappe
erpilgern. Aber irgendwie gibt es keinen Weichei-Camino ;-). Wieder ist jeder
Baum Goldes wert. Da muß ich an eine Erkenntnis von Hape Kerkeling denken: „Was
wäre die Welt ohne den Gesang der Vögel?“ Dem kann ich nicht widersprechen;
möchte aber hinzufügen dass der Welt ohne den Schatten der Bäume – besonders in
der Hitze auf dem Camino – auch etwas fehlte! In diesem Sinne entere ich eine
kleine Ansammlung von Schatten spendenden Bäumen. Ich regeneriere nur sehr
langsam von der Hitze und werde auch die Kopfschmerzen nicht los. Ab jetzt
mache ich alle 30 Minuten eine Pause. Am Ortseingang von San Justo de la Vega
gibt´s nochmal einen Fingerzeig von einem älteren Spanier mit dem Hinweis:
„Sombra, Sombra!“ – ahhh, ich soll die Straßenseite wechseln wegen des
Schattens – „Muchas Gracias“. Endlich erreiche ich die Herberge San Javier. Ich
habe schon die Befürchtung trotz Hut einen Sonnenstich zu haben. Nach einer
Dusche, Kopfschmerztabletten, einer Siesta und 1,5 l Wasser sieht es schon
besser aus. Ich erkunde Astorga und vor einem urigen Teeladen trinken Eric und
eine weitere Pilgerin eine heiße Schokolade. Die Beiden laden mich ein ihnen
Gesellschaft zu leisten, um ebenfalls in den Genuß dieser fantastischen
Schokolade zu kommen. Sie ist so dickflüssig und sämig wie eine Mahlzeit, so
dass ich das Mittagessen gespart habe. Meine Vorräte stocke ich in einem Supermarkt
auf. Nun ist die Sonne kaum noch zu sehen und es bilden sich dunkle Gewitterwolken
am Himmel. Diese Chance nutze ich für eine Außenbesichtigung der Kathedrale und
des Bischofspalastes von Gaudi. Anschließend gehe ich in die Warteschleife zum
Pilgermenü vor dem Gaudi-Palast. Dort kommt Edith aus Ungarn auf mich
zugeschlichen – sie sieht gar nicht gut aus. Eine Erkältung hat auch sie
erwischt und starke Schmerzen im Bein zwingen sie zum Verweilen in Astorga. Ich
wünsche ihr alles Gute und hoffe, dass sie ihren Weg nach Santiago de
Compostela bald fortsetzen kann. Heftige Windböen treiben uns in den
Eingangsbereich des Hotels Gaudi und dann geht´s auch schon los. Nicht nur mit
dem Gewitter, sonder auch mit dem Einlass zum Pilgermenü. Ich sitze zusammen
mit einer Südafrikanerin und einer Schweizerin am Tisch. Es sind mal wieder
interessante Persönlichkeiten. Die Schweizerin ist von Genf aus gestartet und
stellte beim Erreichen von Logrono fest, dass die eingeplante Zeit nun knapp
wird. Daraufhin hat sie den Zug nach Astorga genommen und steigt hier wieder
ein, um den Camino fortzusetzen. Im Moment hat sie somit ca. 1000 km hinter
sich gebracht – Respekt. Die Südafrikanerin wurde in Johannisburg geboren, hat
aber schon fast überall in der Welt für mehrere Jahre gelebt, wovon es viel zu
erzählen gibt. Wir alle wollen früh zu Bett, da die Hitze des Tages uns doch
sehr zugesetzt hat. Der Weg zum Refugio ist nicht weit, so dass uns der leichte
Regen des ausklingenden Gewitters nichts anhaben kann. Im Schlafraum merkt man
schon, dass es langsam kühler wird. Die Fenster sind geöffnet, obwohl es ein
reines Frauenzimmer ist (das ist der Beweiß, wir sind einfach härter ;-)) und
so könnte es eine erholsame Nacht werden, wenn die Holzbohlen nicht so knarzen
würden.
Sightseeingtour in Bilbao und Rückreise
vor 8 Jahren
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