Sonntag, 26. August 2012

1. Juni 2012 Hospital de Orbigo – Astorga 18,0 km


Schlapp und unausgeschlafen arbeite ich mich zum Frühstücksraum vor. Das Frühstück gibt Kraft und Energie und der Multi-Vitaminsaft tut ein Übriges. Bis ich endlich fertig bin - ich hatte ja noch auf ein verweilen in Hospital de Orbigo gehofft - ist es auch schon 7:45 Uhr. Nun muß ich Gas geben und das in meinem gesundheitlich angeschlagenen Zustand. Es ist noch heißer als gestern :-( und ich habe unglücklicherweise nicht genügend Wasser dabei. So steuere ich die Bar in Santianez an: ein Wasser direkt in den Hals und die andere Flasche in den Rucksack. Ich verspüre schon jetzt leichte Kopfschmerzen, was kein gutes Zeichen ist. Die einzigen Körperteile, welche keine Probleme machen sind Füße und Beine – na wenigstens etwas. Wieso muß der Camino einem in jedem Jahr etwas Neues bieten? Wenn die Hitze & die Erkältung nicht wären, könnte ich locker flockig diese Etappe erpilgern. Aber irgendwie gibt es keinen Weichei-Camino ;-). Wieder ist jeder Baum Goldes wert. Da muß ich an eine Erkenntnis von Hape Kerkeling denken: „Was wäre die Welt ohne den Gesang der Vögel?“ Dem kann ich nicht widersprechen; möchte aber hinzufügen dass der Welt ohne den Schatten der Bäume – besonders in der Hitze auf dem Camino – auch etwas fehlte! In diesem Sinne entere ich eine kleine Ansammlung von Schatten spendenden Bäumen. Ich regeneriere nur sehr langsam von der Hitze und werde auch die Kopfschmerzen nicht los. Ab jetzt mache ich alle 30 Minuten eine Pause. Am Ortseingang von San Justo de la Vega gibt´s nochmal einen Fingerzeig von einem älteren Spanier mit dem Hinweis: „Sombra, Sombra!“ – ahhh, ich soll die Straßenseite wechseln wegen des Schattens – „Muchas Gracias“. Endlich erreiche ich die Herberge San Javier. Ich habe schon die Befürchtung trotz Hut einen Sonnenstich zu haben. Nach einer Dusche, Kopfschmerztabletten, einer Siesta und 1,5 l Wasser sieht es schon besser aus. Ich erkunde Astorga und vor einem urigen Teeladen trinken Eric und eine weitere Pilgerin eine heiße Schokolade. Die Beiden laden mich ein ihnen Gesellschaft zu leisten, um ebenfalls in den Genuß dieser fantastischen Schokolade zu kommen. Sie ist so dickflüssig und sämig wie eine Mahlzeit, so dass ich das Mittagessen gespart habe. Meine Vorräte stocke ich in einem Supermarkt auf. Nun ist die Sonne kaum noch zu sehen und es bilden sich dunkle Gewitterwolken am Himmel. Diese Chance nutze ich für eine Außenbesichtigung der Kathedrale und des Bischofspalastes von Gaudi. Anschließend gehe ich in die Warteschleife zum Pilgermenü vor dem Gaudi-Palast. Dort kommt Edith aus Ungarn auf mich zugeschlichen – sie sieht gar nicht gut aus. Eine Erkältung hat auch sie erwischt und starke Schmerzen im Bein zwingen sie zum Verweilen in Astorga. Ich wünsche ihr alles Gute und hoffe, dass sie ihren Weg nach Santiago de Compostela bald fortsetzen kann. Heftige Windböen treiben uns in den Eingangsbereich des Hotels Gaudi und dann geht´s auch schon los. Nicht nur mit dem Gewitter, sonder auch mit dem Einlass zum Pilgermenü. Ich sitze zusammen mit einer Südafrikanerin und einer Schweizerin am Tisch. Es sind mal wieder interessante Persönlichkeiten. Die Schweizerin ist von Genf aus gestartet und stellte beim Erreichen von Logrono fest, dass die eingeplante Zeit nun knapp wird. Daraufhin hat sie den Zug nach Astorga genommen und steigt hier wieder ein, um den Camino fortzusetzen. Im Moment hat sie somit ca. 1000 km hinter sich gebracht – Respekt. Die Südafrikanerin wurde in Johannisburg geboren, hat aber schon fast überall in der Welt für mehrere Jahre gelebt, wovon es viel zu erzählen gibt. Wir alle wollen früh zu Bett, da die Hitze des Tages uns doch sehr zugesetzt hat. Der Weg zum Refugio ist nicht weit, so dass uns der leichte Regen des ausklingenden Gewitters nichts anhaben kann. Im Schlafraum merkt man schon, dass es langsam kühler wird. Die Fenster sind geöffnet, obwohl es ein reines Frauenzimmer ist (das ist der Beweiß, wir sind einfach härter ;-)) und so könnte es eine erholsame Nacht werden, wenn die Holzbohlen nicht so knarzen würden.

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