Mittwoch, 30. Juni 2010

15. Mai 2010 Portomarin - San Xulian 29,6 km

Ich habe tatsächlich gut geschlafen und die Sonne scheint an diesem morgen auch - zumindest vorerst. Heute kommt also der Hexenwald/Feenwald - mal schau´n ob und was er in diesem Jahr zu bieten hat ;-). Nun sieht´s auf dem Camino wirklich wie auf einer Volkswanderung aus - aber egal - solange ich Abends ein Bett bekomme. Auf dem Weg treffe ich nun häufig bekannte Gesichter: den Spanier mit dem Pilgerhund, Sherryl, die Polinnen, die Norwegerinnen, den Indianer usw.. Zum Mittagessen gibt es eine Tortilla Francesa und ansonsten nur ein Madalena und 2 Riegel Schokolade - das muß bis zum Abend reichen. Die eine oder andere Bar suche ich auf und unterwegs kann ich heute schöne Tierfotos ergattern. Zum Schluß zieht sich der Weg nach Palas de Rei mal wieder ganz schön hin. Dafür sind aber mittlerweile die Pilgermassen an mir vorbeigezogen. Die erste Herberge macht einen total überfüllten Eindruck auf mich, so daß ich gar nicht erst nachfrage. Außerdem scheint dort eine Hochzeit stattzufinden, mit einer großen Schar an Gästen. Die zweite von mir ausgewählte Alberge ist schon "completo", aber damit habe ich gerechnet. Dann also doch noch weiter, raus aus Palas de Rei. In San Xulian werde ich dann fündig. Vor 2 Jahren habe ich hier schon einmal bei klassischer Musil gefrühstückt und nun darf ich in dieser wunderschönen Herberge übernachten. Nur 3 Stockbetten mit eigenem Bad bilden ein Zimmer - Luxus! Den Spanier mit dem Spaniel habe ich auch hier gesehen, aber ich weiß nicht, ob er auch hier schläft (ist ja mit Hund nicht immer so einfach einen Platz zu finden). Außerdem ist noch der Indianer vor Ort. Könnte ein interessanter Abend werden beim gemeinsamen Menü. Das Essen ist gut, der Hospitalero sehr nett und an meinem Sitzplatz vor dem Kamin trockenen sogar meine Haare. Eva führt das Tischgespräch an und so erfahren wir, daß der "Native Amerikan" aus einem ganz kleinen Stamm aus Arizona/Grand Canyon stammt, den man nur zu Fuß erreichen kann. Weitere nette Gespräche entstehen mit den beiden deutschen Frauen und dem italienischen Ehepaar. Der Wirt legt immer wieder Musik der verschiedensten Stilrichtungen auf. Ein wirklich wunderbares Ambiente, so daß ich mich gar nicht aufraffen kann schlafen zu gehen. Als ich es dann endlich geschafft habe, schlummern die beiden Spanierinnen in meinem Zimmer schon und so ich schleiche mich ganz leise in mein Bett.

Dienstag, 29. Juni 2010

14. Mai 2010 Sarria - Portomarin 23,5 km

Der Morgen beginnt mit Regen und so wirkt alles ein wenig trist und grau. Das Laufen klappt aber trotz meiner durchgescheuerten Ferse ganz gut. Hinter Mercado mache ich dann meine Frühstückspause. Hier merkt man schon, daß ab Sarria mehr Spanier auf dem Weg sind, aber ich denke das hält sich aufgrund des schlechten Wetters in Grenzen. Draußen sehe ich endlich die ersten Pilger zu Pferd. ich schnappe mir meinen Fotoapparat, haste nach draußen, drücke den Auslöser - nichts! Da sind doch ausgerechnet in diesem Moment die Batterien leer. Also zurück zum Rucksack, die Batterien rausgekramt und gewechselt, wieder nach draußen - keiner mehr da. Pech gehabt! Als nächstes habe ich die Bar von Casa Morgade für eine Pause ausgewählt. Diese ist bei dem regnerischen Wetter natürlich proppevoll. Ich setze mich zu Sherryl und erfahre, daß sie heute auch nach Portomarin möchte - sehr schön. Weiter geht´s über Stock und Stein bis nach Mercadorio. Dort ist nach 2 Jahren tatsächlich eine Herberge zu der Bar dazu gekommen (hatte mir der spanische Barmann damals angekündigt). Ich pfropfe mich in den Gastraum und genieße eine "Empanada Casera de Atun" Thunfisch-Pastete - wirklich hervorragend. Nach und nach treffen auch noch Anke (habe ich gestern Abend kennengelernt), die Irin und der Spanier mit der Sehnenentzündung (ist zum Glück endlich besser geworden) ein. Nach dem ich den Kampf mit einer riesigen ;-) grünen Spinne gewonnen habe, mache ich mich auf den Weg zur letzten Etappe nach Portomarin. Von einer Gruppe deutscher Pilger, welche ihren Rucksack erst 5 km vor Portomarin in Empfang nehmen, erfahre ich von einer Umleitung des Caminos. Als auch diese geschafft ist, erreiche ich den Ort und erhalte einen Bettplatz in der privaten Herberge "Ferramenteiro" für 10,-Euro. Die Ausstattung der Herberge ist sehr gut, aber der Schlafsaal (110 Betten in einem Raum) läßt auf eine unruhige Nacht schließen, zumal eine Jugendgruppe dort untergebracht ist. Im Ort kaufe ich erst einmal Postkarten und mache mich dann auf den Weg in´s O´Mirador, das Restaurant mit dem schönen Ausblick auf den Stausee. Dort treffe ich Anke und wir haben einen ganz tollen Abend mit vielen Bestellungen an das Universum. Zurück im Schlafsaal, es ist ca. 22 Uhr, hat die befürchtete Party der jungen Leute schon begonnen. Aber egal - Ohrenstöpsel rein und - silence!

Montag, 28. Juni 2010

13. Mai 2010 Triacastela - Sarria 19 km

Nach dem gestrigen langen Abstieg gibt es heute nur eine kleine Etappe nach Sarria. Dort kann ich dann auch mal wieder Geld abholen, "Power-shoppen" ;-) und ein wenig regenerieren. Die Landschaft ist heute sehr schön und auch das Wetter ist besser. Die erste Bar, welche lange auf sich warten läßt, wird von allen Pilgern gestürmt - von mir natürlich auch. Ansonsten verläuft der Weg heute relativ problemlos. Obwohl ich mir viel Zeit lasse, bin ich schon so gegen 14 Uhr in der gewünschten Herberge, in der ich das letzte Bett ergattern kann. In den anderen Herbergen wären zur Not aber auch noch genügend Plätze frei gewesen. Die Dusche ist diesmal recht großzügig geschnitten und es gibt tatsächlich einen Föhn, so daß ich mir bei diesem kalten Wetter auch mal wieder die Haare waschen kann. Sogar die Wäsche trocknet im frischen Wind auf dem Dach der Herberge - erstaunlich. Da ich gestern ein Pilger-Menü hatte, verzichte ich heute darauf. Nachdem ich einen Supermarkt ausfindig gemacht habe, erstehe ich alle Zutaten für einen Salat und als Krönung entdecke ich meinen spanischen Lieblingswein für kleines Geld. Leider ist der Aufenthaltsraum noch recht kalt, aber ich hoffe das ändert sich noch, indem der Hospitalero "endlich" die Gasflasche für den Heizstrahler austauscht - wir frieren alle ganz schön. An diesem nahezu ereignislosen Tag werde ich wohl auch wieder früh zu Bett gehen. Aber es kommt immer anders als man denkt: als wir mit mehrern Pilgern in dem nun langsam warm werdenden Aufenthaltsraum sitzen - ja, er hat es tatsächlich geschafft - lädt uns der Hospitalero zum "probieren" einiger Schnäpse/Likeure (Oruja, Herbas usw.) in das Kaminzimmer ein. Gemütlich sitzen wir zusammen und tauschen unsere Camino-Erlebnisse aus. Das Kaminfeuer ist herrlich und so merken wir gar nicht, daß es schon 22.30 Uhr ist. Ich verziehe mich dann auch schnell in mein schwankendes Stockbett, da ich ja morgen noch weiterpilgern möchte.

Sonntag, 27. Juni 2010

12. Mai 2010 La Faba - Triacastela 27 km

Und wieder muß ich eine sehr schöne Herberge hinter mir lassen. Der Aufstieg geht so heftig weiter, wie er gestern aufgehört hat, aber schließlich passiere ich den Grenzstein zu Galizien. Es geht noch ein Stück bergauf, Nebel zieht auf (wie sollte es anders sein ;-)) und endlich bin ich in O´Cebreiro. Ich mache mehrere Fotos von dem Ort mit seinen Pallozas und hole mir nach Besichtigung der Kirche den gigantischen Stempel für mein Credencial. In einer Bar sitze ich ganz alleine bei einem Cafe con leche und einer Tarte de Santiago. Anschließend verweile ich noch ein wenig im Ort und nehme die durch den Nebel hervorgerufene mystische Atmosphäre in mich auf. Weiter geht´s zur Passhöhe von San Roque und wie sollte es anders sein - auch hier kann ich kein Bergpanorama genießen. Langsam läßt er Nebel etwas nach und am Alto do Poio ist mir nach dem Aufstieg richtig warm geworden. Insgesamt gesehen läßt das Wetter aber zu wünschen übrig: ein leichter Nieselregen begleitet von Wind kühlt den Körper sehr schnell wieder aus. So wärmt mich die heiße gallicische Kohlsuppe "Caldo Gallego" von innen her wunderbar auf und ich starte frisch gestärkt auf den Camino. Ein Gespräch mit einem deutschen Pilger und das Wiedertreffen mit Sherryl (Saskatchewan/Kanada) lassen die Zeit schnell vorüber gehen. Um ca. 17.30 Uhr treffe ich in Triacastela ein und auch heute bekomme ich problemlos ein Bettplatz in der Herberge. Ein Stunde Regeneration nach dem langen Abstieg tun meinem Körper ganz gut. Danach mache ich mich auf die Suche nach einem netten Restaurant mit Pilgermenü. Kurz nachdem ich meine Bestellung aufgegeben habe setzt sich Sherryl zu mir. Nach einem sehr netten Abend und einem guten Essen gehen wir früh zu Bett, um fit für den nächsten Tag zu sein.

Dienstag, 22. Juni 2010

11. Mai 2010 Villafranca del Bierzo - La Faba 23,5 km

Obwohl ich gestern noch dachte ich müßte den Camino abbrechen, geht es heute erstaunlich gut. Dank meiner Ohrstöpsel habe ich super geschlafen, so daß mein Körper sich anscheinend gut erholt hat. Auch die Anrufe meiner Lieben haben zu meinem Wohlbefinden beigetragen. Beim Abmarsch von der Herberge verabschiede ich mich von den Leipziger Ehepaar und dem Spanier mit dem Pilger-Spaniel - man weiß ja nie, ob man sich nochmal wiedersieht. Die erste Pause mache ich in Pereje bei einem Cafe con leche. Als ich die Bar verlasse, treffe ich die Holländerin. Sie berichtet mir, daß sie gestern einen fürchterlichen Wandertag hatte und glaubte niemals in Villafranca anzukommen - unglaublich, so ging es mir ja auch! Sie hat sich dann aufgrund ihrer Erschöpfung ein Hotelzimmer im Ort genommen. In einer Bar in Trabadelo sehe ich zum ersten mal den Indianer, von welchem ich schon in Astorga gehört hatte. Ich sitze hier so gemütlich am Kaminfeuer bei einem frisch gepreßten Orangensaft, daß ich gar nicht aufstehen mag. Aber, weiter geht´s! Ach, den "Camino Duro"(den schweren Weg) hatte ich übrigens verpaßt - ist aber vielleicht ganz gut so, denn den hatte "ich" ja schon gestern ;-). Der Weg hinter Trabadelo ist leider nicht so schön, da es viel an einer gut befahrenen Straße langführt. Außerdem sind hier heute jede Menge Schwertransporte unterwegs mit riesigen Bauteilen für Windräder. Ab Ruitelan wird der Weg wieder besser. Ich mache noch 2 Pausen und bin dann hoffentlich vorbereitet für den Aufstieg nach La Faba. Oben angekommen erhalte ich um 16.20 Uhr den vorletzten Bettplatz in der Pfarrherberge neben der Kirche. Eine sehr schöne Herberge mit herzlichem Empfang. Nach der Dusche kann ich mir den Föhn der deutschen Hospitalera ausleihen, damit ich bei diesem kalt-windigen Wetter nicht mit nassen Haaren zur Tienda laufen muß. Ich erstehe dort Nudeln, Soße im Glas und eine Flasche Wein. Da es für mich allein natürlich zu viel ist, überrede ich Gertje (aus Amsterdam), Siggi, Uwe und Sebastian mit bei der Vernichtung zu helfen. Um 20 Uhr gehen wir gemeinsam zur Messe, die von einem Franziskaner-Mönch gehalten wird. Als erstes wird eine Öl-Lampe von Pilger zu Pilger weitergereicht, mit der Möglichkeit seine Fürbitte vorzutragen. Anschließend findet bei 5 Pilgern eine Fußwaschung statt. Nun kann jeder von seinen Erfahrungen und Erlebnissen auf dem Camino berichten. Wir beten zusammen das "Vater unser" mit abschließendem Friedensgruß. "Wenn alle Menschen dieser Welt so friedlich ihre Zuneigung zueinander zeigen würden, dann gäbe es keine Kriege & Konflikte. " gibt uns der Mönch mit auf den Weg. Wir sollen den Frieden in die Welt hinaustragen. Zum Schluß erhalten wir den Pilgersegen. Ich zünde noch eine Kerze an, bevor ich zu Bett gehe.

Montag, 21. Juni 2010

10. Mai 2010 Ponferrada - Villafranca del Bierzo 23,5 km

Es ist Schade diese wunderbare Herberge wieder verlassen zu müssen und schon geht es los im Regen. Der Weg aus Ponferrada zieht sich hin und der Regen fällt zum Glück nur sporadisch. Noch "halten" die Zehen und nach dem ersten Stop in einer Bar in Columbrianos geht´s auch gut weiter. Nach Camponaraya sieht es schon nicht mehr so gut aus. Abgelenkt durch die Störche und ein altes Bauernehepaar, welches ihr Feld tatsächlich noch mit Ochse und Pflug bestellt, erreiche ich auch noch Carcabelos. Aber eine erneute Pause müßte doch ausreichen für die restlichen 8 km. Jetzt beginnt der Weg der Schmerzen und er scheint kein Ende zu nehmen. Ich habe zwischenzeitlich das Gefühl nicht mehr weitergehen zu können. Aufgund des stärker werdenden Regens und des Fehlens einer Bar kann ich auch keine weitere Pause einschieben. Es ist ein Trip durch die Hölle und dieser Ort will einfach nicht auftauchen. Aber dann -endlich- kurz hintereinander, erst die Gemeindeherberge und anschließend die Alberge "Ave Fenix". Ich werde sehr freundlich empfangen, muß aber erst einmal im Aufenthalts-/Speiseraum warten, da die Herbergsbesatzung gerade ihr Essen auf dem Tisch hat. Es sei Ihnen gegönnt und ich hätte in der nächsten Stunde ohnehin nicht aufstehen können. Als es dann zu Bettenzuweisung und Buchung des Abendessens geht, erhalte ich einen Tee und werde nochmals herzlichst begrüßt. Okay, der Schlafraum ist wirklich -sagen wir mal- sehr rustikal, aber dafür schläft man unter Sternen (sternförmige Aussparungen im Dach). Ich dusche erst einmal und lege mich anschließend zur Regeneration aufs Bett. Mehrere spanische Fahrradpilger reißen mich aus meinem Schlummer und so sitze ich hier im Aufenthaltsraum am Feuer, schreibe meine Zeilen und warte auf den Beginn des Abendessens. Nach einem Gespräch mit Claudine geht es dann auch schon los. Es gibt eine "Caldo Gallego" gallizischen Kohl-Eintopf mit Kartoffeln, Kohl und Kichererbsen - lecker- anschließend Spiegeleier mit "Chorizo"& Salat und zum Schluß (Fall-)Obst (vom letzten Jahr?/rührt keiner an!).

Dienstag, 15. Juni 2010

9. Mai 2010 El Acebo - Ponferada 16,5 km

Gestern mußte ich tatsächlich nicht alleine speisen, da die deutsche Pilgerin vom ersten Wandertag (ich weiß leider bis heute nicht ihren Namen), auch hierhin zum Essen kam. Ich bestellte mir zwei Omlettes mit Käse, Salat, Wasser und Wein. Es wurde ein sehr schöner Abend. Trotz der himmlischen Ruhe in meinem Zimmer, konnte ich nicht durchschlafen. Bestimmt fehlte mir die Geräuschekulisse der Pilger-Herberge. Das Frühstück war inclusive, so dass ich ein Cafe con leche (Milchkaffee), einen frischen zumo de naranja (Orangensaft) und tostadas (Toast) genießen konnte. Es war eine schöne Zeit in der "La posada del peregrino" und auch in dem Ort "El Acebo". Merkwürdig: so kann es sein, daß in dem einen Jahr ein Ort unwirtlich rüberkommt und im nächsten Jahr sehr einladend erscheint - und umgekehrt! Dieses Jahr z.B. wirkte Hospital del Orbigo sehr abweisend auf mich im Gegensatz zu El Acebo. Um ca. 8.45 Uhr streifte ich meinen Regenponcho über und machte mich auf den Abstieg nach Riego de Ambros und anschließend bis nach Molinaseca. Nun ist die schlimmste Strecke geschafft und auch das Wetter ist etwas besser geworden. Kurz vor Ende des Abstiegs treffe ich nochmals die deutsche Pilgerin von gestern Abend und wir kehren in eine Bar in Molinaseca ein. Sie wird hier bleiben, da noch ein Abstecher zum Kloster in Penalba geplant ist. Nach der Verabschiedung mache ich mich wieder auf den Weg. Trotz meiner schmerzenden kleinen Zehen schaffe ich es auch heute wieder. Diesmal gibt es keine Rucksackwarteschlange vor der Herberge in Ponferrada und ich komme sofort dran. Die sehr nette schweizer Hospitalera weist mit ein Bett in einem Vierbettzimmer für alleinreisende Pilgerinnen zu. Unser Zimmer heißt übrigens "Penalba", ich bin also auch dort, wie die deutsche Pilgerin, welche ich in Molinaseca zurückgelassen habe. Nachdem ich nach der Dusche meine Ferse und die Zehen verarzten will, spricht mich ein älterer Spanier (gehört wohl zur Herberge) auf meine schmerzenden Füße an. Kurzentschlossen baut er seine kleine "Krankenpflegestation" im Hof der Herberge auf und so nutze ich zum ersten Mal das Angebot einer medizinischen Versorgung meiner Füße. Die Blasen werden aufgestochen, mit Jod behandelt und verpflastert. Anschließend genieße ich die Massage der Füße und der Waden. Obwohl die ganze Prozedur sehr schmerzhaft war, kann ich diesem "Engel des Camino´s" nicht genug danken. Draußen auf dem Hof trifft die Holländerin ein und zurück im Zimmer werde ich von Claudine überrascht. Nun sind wir schon zu Dritt im Zimmer, aber ich habe wieder den Eindruck, daß die Herberge nicht voll ist. Ob es an dem schlechten Wetter liegt oder der gestern geschlossenen Flughäfen (wg. Vulkanasche-Wolke) in Nordspanien? Man weiß es nicht. Da heute alle Geschäfte geschlossen sind (Sonntag) werde ich wohl auf jeden Fall ein Pilgermenü zu mir nehmen. Auf meinem Rundgang durch die Stadt treffe ich Claudine, bepackt mit einem Beutel voll mit Lebensmitteln. Sie kann mir den Weg zum "Gschäfter´l" zeigen und so gibt es heute doch noch eine selbst zubereitete Mahlzeit für mich. Wir teilen uns die Flasche Wein und besuchen anschließend zusammen mit dem Dresdner und dem Mannheimer um 20 Uhr die Pilgermesse in der kleinen Herbergs-Kapelle. Die Messe ist sehr bewegend und ich habe den Eindruck besonders die koreanischen Pilger nehmen intensive die spirituelle Kraft in sich auf. Zum Schluß erhalten wir den Pilgersegen und haben nun beim gemeinsamen Resteessen und -trinken noch etwas Zeit das Erlebte zu verarbeiten.

Montag, 14. Juni 2010

8. Mai 2010 Rabanal del Camino - El Acebo 18 km

Die Nacht war ruhiger, aber zugleich auch unruhiger als gedacht. Die ersten Schnarcher konnte ich anhand meiner Ohrenstöpsel ausschalten. Leider hatte der Pilger unter mir einen sehr unruhigen Schlaf, so dass ich ständig von dem wackelnden Stockbett aufgewacht bin. Trotz allem war ich relativ gut erholt und meine Blasen machten auch einen guten Eindruck, so dass ich keine Probleme beim Abmarsch hatte. Je mehr ich aber lief desto schmerzhafter wurde die linke Zehenblase. Kurz vor Foncebadon ein stechender Schmerz, so als ob mir jemand in den Zeh geschnitten hätte. Zum Glück kam direkt nach der nächsten Kurve ein Picknickplatz und so konnte ich nachsehen: unterhalb der alten Blase ist eine Neue entstanden und diese ist dann aufgeplatzt. Erst einmal habe ich alles gut verarztet und sicherheitshalber auch die Fersenblase nochmals gepolstert. In Foncebadon gab´s in der Alberge einen heißen Cafe con leche und eine Pause für den kleinen Zeh ;-). Wieder auf dem Weg war es nicht mehr weit bis zum Cruz de Ferro. Dort angekommen wechselte meine gute Laune, welche ich aufgrund der netten Pilger und des Sonnenscheins hatte. In diesem Jahr wurde die Ablage der Sorgensteine eine sehr emotionale Sache für mich. Nachdem ich wieder ein wenig zur Ruhe gekommen bin und der Pilger-Spaniel, welcher mittlerweile eingetroffen war, mich aufgemuntert hatte, hieß es: Weiter. Lauftechnisch ging´s danach wieder besser, bis Manjarin - wo ich in diesem Jahr mit dem Läuten der Glocke begrüßt wurde. Erneut eine Pause und ein Cafe und so blieb noch Zeit, um mich mit den Katzen dieser Örtlichkeit anzufreunden. Eine weitere Stunde hinter Manjarin hatte ich nochmals das Erlebnis mit dem Zeh. Der Rest ging dann wieder etwas besser, aber der Abstieg nach El Acebo war schon hart und ich wollte mit meinen Knien auch nichts riskieren. So habe ich mir heute ein nettes Zimmer im Ort genommen und schaue nun aus dem Fenster auf den Regen, welcher kurz vor meiner Ankunft mit einem Hagelschauer begonnen hat. Mal schau´n, ob ich heute Abend alleine Essen muss, aber eigentlich lernt man auf dem Camino ja immer nette Menschen kennen - ich lass mich überraschen.

Mittwoch, 9. Juni 2010

7. Mai 2010 Astorga - Rabanal del Camino 21,2 km

 

Trotz des relativ großen Schlafsaal habe ich gut geschlafen. Nachdem die meisten Pilger weg sind mache ich mich auf den Weg. Meine Füße schmerzen ganz schön, aber mit den Blasen geht es besser als ich dachte, außer die hintere Fersenblase. In Murias de de Rechivaldo erspähe ich eine Bar mit freien Außensitzplätzen. Dort sitzt nur eine Holländerin auf der Suche nach Ruhe und Frieden. Nachdem ich mein Frühstück geordert habe trifft zu unserem Leidwesen eine größere Gruppe ein. Die holländische Pilgerin erzählt mir, daß es sich um eine deutsche Gruppe von Sozialarbeitern mit Jugendlichen mit Mirgrationshintergrund handelt. Der Weg soll ihnen als Chance dienen, ihre Probleme im Alltagsleben besser bewältigen zu können. Es wird immer düsterer und schon fallen die ersten Tropfen. Der Poncho und die Regengamaschen werden ausgepackt und schon kann nichts mehr passieren. Auch in Santa Catalina de Somoza lockt eine sehr schöne Bar zu einer Pause im Trockenen. Es gibt sogar einen frisch gepressten Orangensaft und so bin ich bestens gerüstet für den regnerischen Tag. Durch die schmerzenden Füße kommen mir die heutigen 21 km wie die gestrigen 33 km vor. Endlich ist Rabanal del Camino in Sicht und ich laufe schnurstracks zur Herberge "Refugio Pilar". Ich bin früher da, als ich eigentlich wollte, aber ich habe mich doch wieder verrückt machen lassen, daß es in Rabanal heute sehr voll sein soll. Ich belege dann ein Bett in der um ca. 14 Uhr nur halb gefüllten Herberge. Die Französin (Claudine) von gestern ist auch hier untergekommen und den Kanadier (Jacques) treffe ich nach dem Tienda-Besuch. Auch er hat die Posada mit der tollen Gazpacho für sein Abendessen auserkoren und so werden wir bestimmt noch einige andere Pilger dort treffen. Da es immer wieder anfängt zu regnen mache ich mich schon um viertel nach sechs auf den Weg. Jacques ist auch schon da und kurze Zeit später trifft auch Claudine dort ein. Ich entscheide mich tatsächlich wieder für die fantastische Gazpacho und nehme zusätzlich noch eine Forelle mit Schinken und einen Milchreis. Nach wunderbaren Gesprächen laufe ich mit Claudine zu unserer Herberge zurück und Jacques zu seiner, in der Hoffnung auf eine ruhige Nacht zusammen mit der Gruppe Jugendliche & Sozialarbeiter auf seinem Zimmer.

 

 

Dienstag, 8. Juni 2010

6. Mai 2010 Villar de Mazarife - Astorga 33 km

 

Vom klappern der Störche werde ich geweckt und mache mich nach einer herrlich erholsamen Nacht fertig für den Camino. Es ist ein wunderbar sonniger Morgen - zwar eisig, aber kein Wölkchen am Himmel. Der Weg aus aus Villar de Mazarife heraus zieht sich ganz schön hin: es geht Schnurgeradeaus immer an einer zum Glück wenig befahrenen Straße entlang. In Villavante genieße ich meinen ersten Cafe con leche des Tages. Die Bar ist aber nicht so schön, so dass ich kurz hinter dem Ort auf einem Picknickplatz mein eigentliches Frühstück zu mir nehme. Lilly gesellt sich zu mir und wir genießen die Sonne. Sie erzählt, dass sie auf jeden Fall in Hospital de Orbigo übernachten möchte. Alleine geht es weiter und in diesem Jahr erlebe ich die Ankunft in Hospital de Orbigo erstmalig zu Fuss. Im Jahr 2008 bin ich ja aufgrund meiner Knieprobleme mit dem Bus angereist. Leider wird die schöne mittelalterliche Brücke zur Zeit renoviert - schade. Aber schlimmer als für mich ist es für die Pilger, welche die Brücke noch nie in voller Pracht bewundern konnten. In der Bar mit dem Blick auf die Brücke gönne ich mir einen frisch gepressten Orangensaft und beobachte die ankommenden Pilger. Es ist erst 13 Uhr und ein Blick auf die Schlange vor der Herberge "San Miguel" lockt mich wieder auf den Camino. Ich wähle die Route über Santibanez de Valdeiglesias. Die dortige Herberge wirkt abweisend und auch im Ort fühle ich mich nicht wohl. Also doch bis Astorga. Am Ortsausgang lerne ich eine koreanische Pilgerin kennen und so machen wir uns zu Zweit auf den Weg. Zu dieser Zeit, es ist mittlerweile 14.30 Uhr, sind kaum noch Pilger unterwegs, außer einer Gruppe deutscher Pilgerinnen und 2 einzelnen Pilgern. Die Ferse scheuert, die Zehen schmerzen und nun bereue ich meine Entscheidung weiter gegangen zu sein - doch nun muß ich da durch. Viele Dinge erkenne ich wieder - manches hat sich verändert und anderes ist unverändert. Am Wegkreuz Santo Toribio habe ich den Eindruck nie anzukommen und die Überquerung der Bahngleise kurz vor Astorga über eine serpentienartige Brücke verlängert den Camino bestimmt um mind. 1 Kilometer ;-). Um 17.30 Uhr oben an der Kathedrale angekommen wage ich es tatsächlich in der Herberge "San Javier" nach einem freien Platz zu fragen. Die deutsche Hospitalera kann mir diesen Wunsch erfüllen und auch bis zum Abend ist die Herberge nicht komplett gefüllt - das war in 2008 anders. Ich kann sogar noch meine Wäsche waschen und trocknen lassen, was ich nach diesem langen Wandertag gerne in Anspruch nehme. Nach der Dusche verarzte ich meine Füße und tatsächlich: Blasen an beiden kleinen Zehen und eine Blase an der linken Ferse. Mit einem Ermäßigungsgutschein von der Herberge entschließe ich mich für das Pilgermenü im Hotel-Restaurant "Gaudi". Das Ambiente war gut, das Essen jetzt nichts besonderes, aber die "Mousse de lemon" war sensationell! Am Tisch saßen wir zusammen in einer bunt gemischten Gruppe: ein Franco-Kanadier (Quebec), eine Französin, ein 70-jähriger Ire, noch eine Deutsche und ich. Der Pilger aus Kanada erzählte eine Geschichte von einer Koreanerin, welche mit einem riesigen Hut und langen Handschuhen bekleidet auf den Jakobsweg ging. Einen Abend zuvor hörte ich eine ähnliche Geschichte mit dem Hintergrund des Schutzes der Haut vor der Sonne, damit sie für die bevorstehende Hochzeit schön weiß bleibt. So hat jede Kultur ihre manchmal für uns ungewöhnlichen und schwer zu verstehenden Bräuche. Auf dem Rückweg zur Herberge begleitete mich die deutsche Pilgerin, da sie die Hospitalera wegen eines Arztes fragen wollte. Sie hat starke Schmerzen in einem Zeh und hofft ihren Camino noch beenden zu können. Ich drücke ihr die Daumen.

5. Mai 2010 León - Villar de Mazarife 22 km

León-Sonne-3 Grad-Die Frisur sitzt! Die Nacht im Hostal "Boccalino hat wirklich gut getan, so daß ich frisch ausgeruht starten kann. Leider ist die Basilika San Isodoro noch verschlossen, so daß ich hier keinen Stempel erhalten kann. Dort lerne ich Sascha kennen und so machen wir uns um 7.40 Uhr auf den Camino. Wir laufen ein Stück gemeinsam. An einem Informationshäuschen für Jakobspilger gibt´s dann doch noch einen Stempel und das Frühstück nehme ich in Virgen del Camino ein. Mittlerweile wieder alleine unterwegs entscheide ich mich für die Abzweigung über Villar de Mazarife. Das Naturschutzgebiet ist wirklich wunderschön. Am Wegesrand wächst Lavendel und es duftet stark nach Thymian. Die Pause am Wegesrand geschützt vor dem eisigen Wind hinter einem Busch, nutze ich für einen Snack mit Käse & Salami und ein Sonnenbad. Auf meinem weiteren Weg bekomme ich nun auch endlich etwas Mineralwasser und Bananen. So gestärkt kann ich auch das letzte Drittel meiner heutigen Tagesetappe bewältigen. In Villar de Mazarife angekommen entscheide ich mich für die Herberge bei den Storchennestern. Ab ca. 17 Uhr folgt dann das übliche Pilger-Pogramm: Suche nach der Tienda und Warten auf das Menu de Peregrino. In dieser Zeit treffe ich zum ersten Mal den spanischen Pilger mit seinem Pilger-Spaniel (Cocker-Spaniel mit Jakobsmuschel). Auch diese Nacht verspricht sehr erholsam zu werden, da unser 4-Bett-Zimmer nur von Lilly (aus Dänemark) und mir belegt wird.

Sonntag, 6. Juni 2010

4. Mai 2010 Anreise León

 

Ein schwerer Abschied liegt hinter mir und nur die Vorfreude auf den Camino kann davon ablenken. Und auch die Hoffnung auf neue Kraft und Energie zieht mich wieder auf den "Weg". Mit 30-minütiger Verspätung hebt das Flugzeug Richtung Bilbao ab. Trotzdem landet der Flieger nach einem gruseligen Landeanflug mit nur 5 Minuten Verspätung. Nach einsammeln des Rucksackes ist die Bushaltestelle über einige Umwege (der Flughafen wird zur Zeit umgebaut) schnell gefunden. Der Shuttle-Bus quält sich durch die überfüllte Innenstadt, aber es bleibt immer noch reichlich Zeit für den Bus nach Burgos. Dort angekommen wärme ich mich erst einmal auf, da es nur so um die 5 Grad ist und ein eisiger Wind mit Schneegraupel durch die Gassen fegt. In einem kleinen Cafe nahe der Kathedrale nehme ich mein Mittagessen zu mir. Da ich auch jetzt noch reichlich Zeit habe, entscheide ich mich spontan für die Besichtiung der Kathedrale von Burgos, welche ich während meiner beiden letzten Caminos nicht geschafft habe. Sie ist schon sehr beeindruckend! Die restlichen 1 1/2 Stunden verbringe ich im Busbahnhof, wieder geschützt vor Wind und Regen. Auf der Fahrt nach León kündigt sich zum Glück eine Wetterbesserung an. Viel Sonne und kein Regen. Nur der eisige Wind bleibt mir erhalten. Pünktlich um 18.30 Uhr treffe ich in León ein. Erstaunlicherweise finde ich den Weg zur Kathedrale sofort. Die Touristen-Information an dieser Stelle existiert leider nicht mehr. Also an der Kathedrale vorbei auf den Camino, da ich unterwegs von einem anderen Pilger den Tipp bekommen habe, daß zur Not auch ein Stück außerhalb der Stadt noch jede Menge Hostals/Pensionen zu finden sind. Aber schon am Plaza San Isodoro werde ich fündig und so bleibt noch ein klein wenig Zeit für einen kurzen Stadtrundgang durch León. Zurück auf dem Zimmer verzehre ich einen Teil meiner mitgebrachten Vorräte und kann so morgen früh ausgeschlafen & gestärkt auf den Camino starten!